'Fairtrade' gibt's auch bei Smartphones.

Die Aufregung und Vorfreude ist immer riesengroß, wenn der DHL-Bote in einer bestimmten Absicht an unserer Türe klingelt.

Diesen Montag, dem 30. Mai 2016, war's wieder mal soweit und ich hüpfte innerlich ein bisserl, als das Packerl aus den Niederlanden bei mir eintrudelte.

Ok, also zuerst war ich ein bisserl erstaunt, als der Sattelschlepper einparkte: Hatte ich mich womöglich bei der Bestellung mit der Stückzahl vertippt? *LOOL*

Aber wenige Minuten später war alles klar...

Mein erstes 'Selbst-zusammenbau-und-reparier'-Handy war da. *JUPIDUUH!*

Die Verpackung war schon mal spannend... und wenn man das Überraschungsei geöffnet hat, offenbarte sich gleich einmal das Prachtteil: Noch ohne Rückenabdeckung und vollgestopft mit Elektronik.

Weil ich ein kleiner Spinner bin, hab ich natürlich auch gleich fleissig Fümmél für das neue Phone gekauft - jetzt habe ich je nach Lust und Laune vier Back-Covers in launigen Farben wie blue_transparent, blue_matté, grey_transparent und black_matté.

Sieht sehr geil aus, jedes der Teile.

Die Standard-Abdeckung war komplett transparent, das hat mich besonders angesprochen. Man will doch immer seiner Elektronik beim Arbeiten zuschauen, oder? *gg*

Jedoch gibt's hier keine Grenzen der Kreativität: Fairphone hat die Datei zum 3D-Drucken der Back-Covers zum Download auf der website bereitgestellt und man kann sich hier selbst in allen Farbrichtungen austoben. Mauve, zum Beispiel... *gg*

Der Gedanke hinter "Fairphone".

Beim Fairphone geht es jedoch nicht alleine um die 'Reparierbarkeit', wenngleich das *für mich* der Hauptgrund zum Kauf war.

Es ist einfach geil, daß man ein beschädigtes Display einfach um knappe 80 Euronen nachbestellt und selbst in 30 Sekunden austauscht.

Oder den Akku (wie früher, *hach!*) einfach austauschen kann und im Urlaub zum Beispiel einen Ersatzakku nachschieben kann.

Oder ein neues Kameramodul, das höherwertige Photos liefern kann, einfach nachbestellt und reinschraubt.

Oder, oder, oder... hier gibt's genug geniale Dinge, die man ja heutzutage gar nimmer kennt.

 

Wie das geht?

Guckst Du Video!  :-)

Aber was wollte ich eigentlich sagen? Ach ja... der zweite, ausschlaggebende Punkt für's neue Phone! :-)

Dem Fairphone liegt ein strenges Prinzip zugrunde: Die Herstellung muss nachhaltig und mit sozialökonomischen Gewissen passieren: Was hier von den Jungs und Mädels in den ersten drei Jahren an Aufbauarbeit geleistet wurde, ist wirklich bemerkenswert: Für alle Einzelteile des Telefons wurden die Lieferanten äußerst penibel ausgesucht - das begann schon einmal - nicht ohne große Hindernisse - bei den sogenannten "Edlen Metallen" ("Seltene Erden").

Jedes Smartphone enthält etwa 40 verschiedene Mineralien, einschließlich Tantal, Wolfram, Kupfer, Eisen, Nickel, Aluminium, Zinn, Silber, Chrom, Gold und Palladium.

 

Sehr spannend zu erfahren, wofür diese ganzen Mineralien eigentlich gut sind: Beispielsweise benötigt man Wolfram für den Schwingungsmechanismus und Tantal wird oft verwendet, um die Kondensatoren zu verkleinern.

All diese Mineralien und Metalle werden fast überall auf der Erde unter mehr als fragwürdigen Umständen abgebaut... Von Verschmutzung und äußerst gefährlichen Arbeitsbedingungen bis hin zu Kinderarbeit, da ist alles dabei, was man sich als 'unmenschlich' vorstellen kann.

Die Leute hinter dem 'Fairphone" haben hier genau hingeschaut, woher die ganzen Stoffe kommen und sich vor Ort (z.B. im Kongo) mit Organisationen zusammengeschlossen, die einen Zukauf von konfliktfreien Rohstoffen ermöglichen.

Alles super transparent nachzulesen hier: https://www.fairphone.com/roadmap/mining/

Videos zum Goldabbau und den anderen "Seltenen Erden" gibt's hier:  https://vimeo.com/145390521

und hier: https://vimeo.com/107812653

Sehr spannend das ist! ;-)

 

Ganz zu schweigen von den Fabriken, in denen die Smartphones zusammengebaut werden.

Kennt eh ein jeder... Foxconn ist ja so ein 'Vorzeigebetrieb'.

Durch meine Freundschaft  zu Kevin aus Taiwan habe ich in den letzten zwei, drei Jahren sehr viele Details zu den Arbeitsbedingungen in diesen 'Megafabriken' erfahren - da stellt's einem die Zehennägel auf.

 

Die Jungs hinter dem Fairphone haben hier besonderen Wert auf eine angemessene Belohnung der Fließbandarbeiter und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den Montagefabriken gelegt.

 

Wie bei allen Lieferanten war man hier penibel bei der Auswahl und hat sich's nicht leicht gemacht.

Ich finde das insoferne total beeindruckend, weil die Stückzahl ja nicht in die Millionen geht und man bei einem Lieferant jetzt nicht unbedingt den "besten Stand" hat, wenn man ein mit angepeilten Stückzahlen von +/- 50.000 daherkommt. Ich kann mir *gut* vorstellen, dass da so manch chinesischer Unternehmer nur milde gelächelt hat... ;-)

 

Transparent - wie alles bei diesem Projekt: Die Lieferanten-Liste.

(zwar ein bisserl alt - aus dem Jahr 2014 und sie gilt für das Fairphone1 - aber dennoch: Welcher sonstige Smartphone-Hersteller gibt so offen Auskunft über seine Zulieferer??)

Ich kenn keinen.

Download
Fairphone-List-of-Suppliers_July2014.pdf
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Spannend: Die Kostenstruktur.

Das Fairphone2 kostet 525 Euronen.

Soweit, so viel.

Oder auch nur angemessen?

 

Um sich ein Bild von den tatsächlichen Kosten rund um die Produktion eines Smartphones 'im höheren Mittelfeld-Segment' machen zu können, bleiben die Niederländer auch hier keine Antwort schuldig:

(c) by fairphone
(c) by fairphone

Ich habe alle beigestellten pdf's verschlungen - es war *wirklich* megainteressant, wie sich hier die Kostenrechnung darstellt.

Nachdem man weiß, wohin meine 525 Euronen fließen, gibt man sie doch nochmal so gern aus. :-))

btw: Das Geld bleibt zu einem geringen Teil sogar in Österreich: Der Leiterplattenhersteller 'AT&S' ist auch einer der vielen Zulieferer... genial! :-)

Download
Cost-Breakdown-Fairphone-2-German-1.pdf
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Die tech specs.

Weil ich gerade so schön bei Zahlen bin... *g* ... hier die technischen Daten des Fairphone2:

(c) Fairphone
(c) Fairphone

Die gesamte Liste aller Lötstellen, Kondensatoren und Leiterplattenbohrungen findet man hier. :-)

Ja, ich weiß.

Da hatte ich schon andere Boliden in meiner Garage.

Doch ich bin weder ein Gamer, noch muss ich ein Display mit 500 ppi haben, weil das kann das menschliche Auge ab ungefähr 200 ppi eh nimmer erkennen. Wofür also?

Es sind die anderen Argumente  viel wichtiger für mich - und obwohl das Design ist ja auch eher 'plaschtik-laschtig' ist, finde ich es dennoch mehr als schmuck!

Und ich behaupte ganz einfach mal: Man schaut so ein Teil irgendwie aus einem anderen Blickwinkel an, wenn man viel von den (positiven) Hintergrund-Gschichteln weiß. ;-)
Abgestehen davon: Es flutscht und zischt alles wie bei meinem letzten Blackberry... da gibt's gar nix zu meckern. Also: Genug unter der Haube für meine  Ansprüche. Wos brauch' i mehr? (Ich bin ja auch nimmer der Schnellste. *grinz*)

Das Betriebssystem

Nun, mit Google's Android habe ich ja schon seit dem Blackberry 'Priv' zu tun gehabt. Da waren werkseitig ein paar feine Sicherheits-Features zusätzlich installiert, um die Lust der Datenkrake ein wenig einzubremsen. Auch wenn's halt nur 'Kosmetik' war... ;-)

Auch beim modifizierten 'Lollipop' von Fairphone ist es ähnlich. Da warnt das User-Interface vor Apps, die zuviele Berechtigungen verlangen. Nun ja. Android ist es aber halt noch immer. Nicht der optimale Zustand, aber ich kann damit leben. ;-)
Was mich jetzt schon freut: Jolla soll auch irgendwann mal installiert werden können - und dann bin ich höchstwahrscheinlich dabei. Mal schauen, wieviel Aufwand damit verbunden ist. *LOOL*

Aber ich liebe ja dieses alternative Betriebssystem und bin sicher, daß ich mir die Hochschaubahn-Fahrt 'geben' werde.

Die Kamera

Wer mich kennt, weiß: Ich war ein Nokia-Camphone-Junkie. :-)

Das waren aber auch wunderschöne Zeiten, damals... *hachmach!*

 

Nun, die Kamera des 'Fairphone2' kommt da nicht wirklich heran. Aber für diesen Fall habe ich schon lang vorgesorgt... im Urlaub und bei 'bildwichtigen' Momenten kommt einfach mein dünnes 'Lumix'-Knipsi-Phone mit in die Hosentasche. Passt. :-)

Ich freu mich schon total auf den täglichen Gebrauch vom Fairphone - und weil ich's eben auch tagsüber in der Werkstatt mit dabei habe, bin ich schon auf die ersten Reparaturen gespannt. *gg*

 

Fairtrade rockz! :-)

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Kommentare: 5
  • #1

    ossi1967 (Mittwoch, 01 Juni 2016 22:13)

    Jaaaa! Das Fairyphone! Das mit dem "selbst reparieren können" hat mich zwar nicht wirklich so vom Hocker gerissen (Hardware ist nicht meins - nur die virtuelle ;)...), aber zumindest der *Versuch* einer halbwegs unkotzigen Herstellung in Bezug auf Rohstoffe und Arbeitsbedingungen ist jeden Cent wert, den man den Knaben nachschmeißt. (Andererseits: Allein die Lieferung mit *diesem* DHL-Truck hat einen Tseozwei-Fußabdruck, da deafst das Fairphone sein Leben lang nur am Solarstrom aufladen. *gg*)

    Ob aus der Jolla-Kooperation noch was wird? Ich zweifle ja. Das ursprüngliche Versprechen (die Unterstützung bei einem "Community-Port") haben die beiden Unternehmen ja erfüllt, diese Community-Version von Sailfish fürs Fairphone gibts. Aber die hatscht halt an allen Ecken und Enden. Und wenn die Holländer SailfishOS wirklich offiziell lizensieren hätten gewollt täten, wären sie's schon gemacht gehabt haben. Wobei ich ja stets verspreche: Kaum gibts eine offiziell unterstützte Version von Sailfish für das Trumm, kauf ich mir das Fairphone auch. Allein schon des Trucks wegen. :)

  • #2

    Hans-Georg (Donnerstag, 02 Juni 2016 07:55)

    Schwingungsmechanismus? Wo soll das Ding den schwingen bzw. was soll das Telefon in Schwingungen versetzen?

  • #3

    Wolfi (Donnerstag, 02 Juni 2016 07:56)

    *LOL*
    Ja, die Anlieferung von DHL hätte fast meine komplette 'Gutmensch-Lebensplanung' über den Haufen geworfen. *gg*... sowas aber auch!
    @ 'offiziell unterstützte Version von Sailfish': Sei doch so knuffig_lieb und gib mir bescheid, wenn Du was drüber erfährst.
    Ich verspreche auch, Dich dann damit nicht über Gebühr helpdeskmäßig zu belasten. *LOL*

  • #4

    Wolfi (Donnerstag, 02 Juni 2016 08:03)

    @ Hans-Georg:
    Wolfram wird für den Schwingungsmotor im Handy verwendet, also das Vibrieren. Wo genau? Naja... offenbar wird das Vibrieren durch eine exzentrische Bewegung verursacht, die mit einem 'extra schweren' Metall bewerkstelligt werden muss, weil ja nicht so viel Platz ist wie bei der Pummerin im Wiener Stefansdom. :-)
    Und Wolfram ist doppelt so dicht (schwer) wie Stahl - das macht es einfach sehr geeignet für diese Aufgabe.

    Einen interessanten Artikel hab ich hier gefunden: http://www.swr.de/odysso/welche-metalle-stecken-im-handy/-/id=1046894/did=10289740/nid=1046894/1xo8jta/index.html

  • #5

    Deep_Blue (Donnerstag, 02 Juni 2016 22:25)

    Super, ihr werdet noch die Welt retten.

    Wie kommt man auf solche Ideen ?
    Ich bewundere sowas.